barre des écrins

südpfeiler


aufgrund eines blogeintrages von simone wurde ich wieder an einen alten traum erinnert: die wunderbare linie des südpfeilers an der barre des écrins in der dauphiné.


zustieg:

falls man kein biwakmaterial auf dieser klettertour der superlative mitbuckeln will, so bleibt einem nur der start direkt vom parkplatz auf der pré de madame carle (1874m) oberhalb ailefroide. und da man sich anscheinend bereits in den einstiegslängen in der breiten wandflucht bestens verirren kann, liegt auch kein allzufrüher start drin. wir entscheiden uns, um drei uhr zu starten, so dass wir circa halb sechs am einstieg ankommen und ab sechs vom tageslicht profitieren sollten.
zunächst überquert man die gyronde auf einer brücke und steigt ein paar wenige kehren richtung glacier blanc an. zu beginn der grossen, unübersehbaren seitenmoräne des glacier noir zweigt man links ab (wegweiser) und verfolgt den guten weg auf dem moränenkamm entlang der ravin de l'encoula, bis dieser bei zwei steinmännern die moräne verlässt. entgegen anderen berichten, die die moräne bis zu deren ende weiterverfolgen und erst dort über mühsames geröll zum gletscher absteigen, ist es vorteilhaft hier kurz den weg richtung col de la temple zu verfolgen und anschliessend auf dem unproblematischen geröll des gletschervorfeldes gegen die wand anzusteigen. so bald wie möglich auf den firn des kleinen restgletschers wechseln. ganz zum schluss geht es kurz steil aufwärts zum randspalt, der an geeigneter stelle durchquert wird. (T4, 2¼h)


route:

gleich zu beginn muss eine etwas abweisende rinne erklettert werden, die zum einfachen ersten drittel der wand hinaufführt. dieses erste drittel führt in einem ständigen zick-zack entlang der schwächsten stellen der wand (rinnen, verschneidungen, kamine, rampen) aufwärts und kann gut am kurzen seil oder gar seilfrei begangen werden (vorsicht, falls andere seilschaften oberhalb unterwegs sein sollten: steinschlag ist dann kaum auszuschliessen). gegen ende dieses ersten drittels lassen sich ein paar hervorragende biwakplätze finden, diejenigen auf der östlichen seite sogar teilweise noch mit brauchbaren schneefeldern (jedenfalls im jahr 2023 mitte august).
hier beginnt die eigentliche kletterei: während man für die arête rouge durch das von weitem sichtbare couloir an den östlichen parallelgrat wechseln würde, peilt man beim südpfeiler (wiederum entlang der schwachstellen der wand) die beiden türme an, der farbe des gesteins entsprechend tour rouge und tour grise benannt. den roten turm haben wir etwas links liegen gelassen, den grauen turm kurz vor dem gipfel auf der nordseite umgangen. so steht man endlich in der scharte vor den eigentlichen kletterschwierigkeiten an der steilen "bastion".
zunächst klettert man von der scharte circa 15m hoch. kurz bevor die kaminverschneidung senkrecht wird, kann man einfach nach rechts um die kante wechseln und zum ersten stand traversieren. kurz aufwärts und wieder rechtshaltend zum nächsten stand. nochmals etwas hinauf, bis das gelände sich wieder zurücklegt und kurzzeitig nochmals am laufenden seil erklettert werden kann. so erreicht man die steile schlusswand der bastion, die mit der crux der tour aufwartet: von einem unbequemen standplatz aus nach rechts auf einen freistehenden zacken, anschliessend entlang des senkrechten risses an schlechten griffen hinauf (einige schlaghaken). anschliessend wenig nach rechts, über eine letzte steile stufe hinauf zu den aus der wand herabhängenden fixseilen. diese nicht verfolgen, sondern auf einer rampe nach links auf den kopf der bastion (~3800m) ansteigen. während wir die felsqualität bis zur schlüssellänge meist akzeptabel bis sogar gut empfanden, enttäuschte diese steile partie mit ineinander verkeilten, etwas zweifelhaften brocken.
nun befindet man sich wieder auf dem grat. während viele seilschaften hier nach links ausweichen und den gipfel zum schluss über die südwestflanke und den westgrat erreichen, verfolgten wir den nicht mehr allzu schwierigen, aber schön zu kletternden grat bis zum gipfel. nur an ein paar wenigen stellen muss man kurz in die westflanke ausweichen, um so schnell wie möglich wieder an den grat zurück zu gelangen. dieser schlussteil zieht sich noch ziemlich in die länge und wartet ständig wieder mit kurzen anspruchsvollen kletterstellen auf. doch ist der fels meistens recht fest, zudem ist man hier vor steinschlag geschützt. auch würden sich hier für spät ankommende seilschaften noch ein paar bequeme biwakplätze anbieten (unangenehmerweise allerdings alle ohne schnee). nachdem man zunächst die verbleibende höhe des grates kaum abschätzen kann, steht man plötzlich unvermittelt auf dem gipfel des südlichsten 4000ers der alpen. (7h, diese eher schnelle begehungszeit verdanken wir allerdings ausschliesslich der unglaublich guten spürnase meines freundes, der kaum ein einziges mal zögerte, den richtigen weiterweg einzuschlagen. zudem kletterten wir alle leichteren passagen am kurzen oder am laufenden seil. ansonsten kann die tour gerne 2 bis 4 stunden länger dauern.)

bewertung: E5, SS+, VI (an der bastion häufig IV bis V, ansonsten meistens III bis IV)

material: 40m-seil, schlingen, 6 express, cams #0,3 bis #1, mittlere keile
lässt sich gut in bergschuhen klettern

angetroffene verhältnisse am 18.august 2023:
perfekte verhältnisse, sowohl im aufstieg auf dem seitenast des glacier noir, in der wand wie im abstieg auf dem glacier blanc. nachdem uns zunächst die sehr hohe nullgradgrenze wegen der südlichen ausrichtung der wand etwas sorge bereitete, stellten wir auf der tour fest, dass ab der höhe der beiden türme genügend thermik-winde für ein angenehmes klettern sorgen.

keine weiteren seilschaften in dieser route


abstieg:

der abstieg darf nicht unterschätzt werden: nebst den ~2300 höhenmetern abstieg gilt es auch, eine grosse distanz zurückzulegen, da die ganze östliche écrins-kette umrundet werden muss.
zunächst klettert man entlang des westgrates bis zur abseilstelle oberhalb der brèche lory. hier könnte man direkt über den bergschrund auf den gletscher abseilen und den heimweg antreten. doch da mein freund noch nie auf dem benachbarten dôme de neige des écrins stand, wählten wir die kurze abseilfahrt (knapp 10m) in die brèche lory und leisteten uns den unbedeutenden umweg zu diesem von der UIAA seltsamerweise als eigenständig aufgelisteten 4000er. zurück in der brèche seilt man nun ebenfalls über den randspalt auf die gut ausgetretene spur des normalweges ab und umgeht die grossen spaltenzonen in der nordabdachung in einem ständigen hin und her. so erreicht man den flachen glacier blanc und passiert das hoch auf einem felsbollwerk gelegene refuge des écrins. bald einmal könnte man auf den in der seitenmoräne angelegten pfad wechseln, der einem mit einem ständigen auf und ab beglücken würde. besser bleibt man auf dem gegen schluss wieder stark von spalten durchzogenen gletscher und verlässt diesen erst, bevor er steil zur zunge abzufallen beginnt. über geröll und gletscherschliffplatten erreicht man so den weg oberhalb des refuge du glacier blanc. dieses kann man links liegen lassen und gleich auf den breiten und gut ausgebauten hüttenweg wechseln. nach der querung des gletscherbachs muss noch eine kurze gegensteigung bewältigt werden, bevor man in vielen kehren wieder zur pré de madame carle gelangt. (ZS, 4½ - 5h)



barre des écrins südpfeiler
barre des écrins südpfeiler: welch eine linie! der pilier sud am horizont, die arête rouge rechts davon



barre des écrins südpfeiler
barre des écrins südpfeiler: die moräne verlässt man vorteilhaft im bereich des roten kreises



barre des écrins südpfeiler
barre des écrins südpfeiler: die steile einstiegsrinne



edelweiss
barre des écrins südpfeiler: erstaunlicherweise edelweiss in der gneis-wand



barre des écrins südpfeiler
barre des écrins südpfeiler: die sonne verspricht einen perfekten, aber warmen tag



pointe durand, mont pelvoux, ailefroide
barre des écrins südpfeiler: pointe durand, mont pelvoux und ailefroide



barre des écrins südpfeiler
barre des écrins südpfeiler: unten ständig entlang von rinnen und verschneidungen



barre des écrins südpfeiler
barre des écrins südpfeiler: hier zweigt die arête-rouge-route nach rechts ab



le fifre, couloirs des avalanches
barre des écrins südpfeiler: le fifre links des couloirs des avalanches



barre des écrins südpfeiler
barre des écrins südpfeiler: links die tour grise, rechts die bastion



barre des écrins südpfeiler
barre des écrins südpfeiler: zu beginn der schlüssellänge



barre des écrins südpfeiler
barre des écrins südpfeiler: auf dem kopf der bastion angekommen



barre des écrins südpfeiler
barre des écrins südpfeiler: interessante eisgebilde auf der abstiegsroute



barre des écrins südpfeiler
barre des écrins südpfeiler: die barre des écrins ist auch von norden ein eindrücklicher berg



glacier blanc
barre des écrins südpfeiler: die zunge des glacier blanc



refuge du glacier blanc
barre des écrins südpfeiler: das refuge du glacier blanc kann links liegen gelassen werden


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