der zurzeit wohl beste kenner der alpinen kletterrouten des bergells und zudem momentan einer der schweizer topalpinisten lädt mich zu einer wilden klettertour an seinem hausberg pizzo badile ein. welch eine ehre!

---

zustieg:

von der capanna sasc furä quert man auf dem weg richtung passo della trubinasca ins vallun da la trubinasca. vor dem gletscherbach steigt man weglos, zunächst über geröll, dann über einfache platten richtung des sterbenden gletschers vadrec da la trubinasca. nun sucht man sich im spalten-wirrwarr einen geeigneten weg, um links des markanten klucker-couloirs an die knapp 700m hohe NW-wand zu gelangen. (ZS, 2h, je nach zustand des gletschers auch deutlich länger und schwieriger oder sogar unmöglich!)

---

route:

sowohl das topo aus dem SAC-führer wie dasjenige der editione versante sud sind absolut unbrauchbar. es scheint, dass beide führerautoren diese route nie geklettert haben. will man anhand einer dieser topos (die arg nach "copy/paste" ausgucken) die route finden, braucht man eine unglaublich gute spürnase. ständig eröffnen sich einem verschiedene möglichkeiten (risse, verschneidungen, bänder, schuppen, etc.). die äusserst selten anzuteffenden normalhaken genügen bei weitem nicht, um einem den weg anzuzeigen. wie gesagt konnte ich von den kenntnissen des versiertesten gebiets-kenners profitieren, ansonsten hätten wir für die 17 meist anhaltenden seillängen vielleicht doppelt so lange benötigt. (nur deshalb und wegen dem unglaublich effizienten klettersstil meines partners betrug unsere kletterzeit bis an die nordkante ~5¼h, ansonsten rechnet man wohl besser mit 8-10h)
"ringo star" ist nebst der aufgrund des ausgeaperten klucker-couloirs nicht mehr kletterbaren "via bramani" die einzige route in der nordwestwand, die direkt den gipfel erreicht. alle anderen enden irgendwo an der nordkante. das highlight der route ist nebst zwei wunderschönen verschneidungslängen im unteren teil sicherlich die riesige, von weitem sichtbare steile verschneidung in gipfelnähe.
die nordkante erreicht man kurz vor dem gipfel. in wenigen minuten zum gipfelsignal.

bewertung: E5, SS, VI+ (die bewertungen im topo sind mit vorsicht zu geniessen: selten habe ich so anspruchsvolle vierer- und fünfer-längen geklettert! auch die 5c+ bewertung für die schlüsssellänge ist vermutlich zu tief gegriffen)

material: 60m-seil (geht auch mit einem 50er, doch mit einem 60er erreicht man bequemere standplätze), schlingen, einige express, steigeisen, pickel, cams #0,3 bis #1doppelt, 1 cam #2, 2-4 kleinere Z4 (vorteilhaft offset), evtl. mittlere keile, kletterfinken

angetroffene verhältnisse am 31.juli 2023:
dank eines regenfreien zwischentages nach der heftigen gewitterzelle in der nacht von freitag auf samstag hatten wir perfekte, beinahe durchgehend trockene verhältnisse. zudem war der gletscher am wandfuss in hervorragendem zustand, keine grössere spalte versperrte uns den weg. auch war der übergang an den fels sehr einfach, da die überhängende firnlippe zusammengebrochen war und den tiefen schrund mit eis gefüllt hatte. besser geht es nicht!
allerdings vermieste uns ein zügiger kalter westwind ein wenig den klettergenuss. sonne kann man ja erst am gipfel geniessen.

keine weiteren seilschaften in dieser route

---

abstieg:

südseitig zunächst auf wegspuren, dann mit ein paar abseilstellen immer rechtshaltend gut markiert an den südwestlichen wandfuss des pizzo badile. entlang von steinmännern in das rifugio gianetti (2534m).
von hier
- entweder über den passo porcellizzo (2961m) und den passo della trubinasca (2700m) zurück zum sasc-furä-hüttenweg
- oder interessanter nach der übernachtung im rifugio über die punta torelli (3137m) und punta sant anna (3169m) zum passo della trubinasca.
- ebenso möglich: abstieg via casera porcellizzo (1899m) und corte vecchia (1405m) zu den bagni del masino (1172m) und anschliessend nach san martino (923m).